Bericht: Herbstschiessen 2019
Gelungene Herbstmeisterschaft der Lenzburger Landsturmschützen
Philipp Moser (Standard) und Michele Tullo (Ordonnanz) dominieren bei den Gewehrschützen, Patrick Huber etabliert sich als bester Pistolenschütze
Vor hundert Jahren galt das Landsturmschiessen in Lenzburg als klar definierte – ausserdienstliche Tätigkeit und war streng genommen - ein Teil der Landesverteidigung, mit dem klaren Ziel zur Stärkung der allgemeinen Wehrkraft.
Mit zwei jährlichen Anlässen, dem Frühlings- und dem Herbstschiessen pflegt der LSV Lenzburg diese Erinnerung in kameradschaftlicher Verbundenheit. Im Zentrum der Veranstaltung stehen Tradition, Begegnung und Schützensport. Geschossen wird auf den sportlichen Distanzen 300, 50 und 25 Meter, mit Gewehren und Pistolen. Kein Probeschuss, denn im Gefecht gilt nach wie vor: „Der erste Treffer zählt“. Diese dürfte das letzte Relikt aus den vergangenen Zeiten sein. Zu Gast ist man - und dies seit Jahrzehnten - in der Lenzburger Regionalschiessanlage Lenzhard.
Nach dem 10. Schuss auf die Hunderterwertung zeigt der Monitor 910 Punkte. Das bedeutet den Sieg für Philipp Moser aus Waltenschwil in der Kategorie A – hier sind die eigentlichen Sportschützen unter sich. Mit Jahrgang 1979 ist er der Jüngste dieser Gruppe. In der Regel sind bis 12 am Start – nun waren es 9. Auch der Anteil der Frauen ist rückläufig (Noch 6 Damen griffen zur Waffe – 4 mit dem Gewehr und 2 mit der Pistole)
Immer mit dabei, der mittlerweile 86-jährige Rudolf Sandmeier aus Seengen. Obwohl nach wie vor vom sportlichen Ehrgeiz als nationaler Spitzenschütze gepackt – steht bei ihm der Sieg an diesem Tag nicht mehr an erster Stelle. Doch ein gutes Resultat muss es allemal sein. Zusammengezählt gab es 856 Punkte, da sind einige gute Treffer dabei.
Sturmgewehr 57/03 in Front
Schön ist das zum „Präzisions-Zielapparat“ umgebaute Sturmgewehr 57 tatsächlich nicht. Die an und für sich schon klobige, unhandliche und schwere Armeewaffe wurde von Spezialisten dermassen optimiert, dass sie in Sachen Präzision mit den sportlichen Standardgewehren mithalten kann. Diesen Beweis lieferte Michele Tullo am ersten Oktobersamstag 2019 am LSV-Herbstschiessen. Mit 911 Punkten wurde er mit seinem 57/03 Tagessieger vor dem bereits erwähnten Standardgewehr-Schützen Philipp Moser.
Über die Hälfte aller Gewehrschützen der Kategorie B (Armeewaffen) griffen zum „schwarzen Oelrohr“ wie das gut 60 Jahre alte Armeegewehr, wohl etwas despektierlich, auch genannt wird. Schlussendlich zählt im Schiesssport das Resultat und nicht die Ästhetik. Senior Veteran Peter Meier etablierte sich mit seinem 90er Sturmgewehr im 5. Rang der Armeegewehrschützen. Vor ihm 4 x 57/03 das ist heute Realität. Ganz verdrängt wurde der Karabiner (K 31) im Landsturmverein. Noch ein Quartett (Toni Christen, Christian Zaugg, Guido Fischlin und Walter Leu) benützte das ehrenwerte „Holzgewehr“, einst der Stolz jeden Eidgenossen. Klassiert (Kat A und B) wurden insgesamt 38 Schützen, 6 weniger als 2018. Die Langwaffenschützen sind – nicht nur beim LSV, seit Jahren - auf Talfahrt.
PC Rupperswil hält die Pistolenkategorie am Leben
Möglicherweise ist es auch der Termin schuld an der allgemeinen Unterbeteiligung. Vielerorts ist Schluss – oder Endschiessen. Zudem ist Herbstferienzeit. Die besten Aargauer Cracks, namentlich die zielsicheren Seetaler sind am Gruppenfinal in Buchs. Auch aus dem Lager der Lokalmatadoren der SG Lenzburg war keine Verstärkung zu spüren. So schmolz das Feld der Pistoleros – diesmal auf 26 Akteure. Die Schützenmeister Bernhard Berner (50m) und Robert Bart (25m) hätten sich sicher mehr Betrieb gewünscht.
Der einzige Pistolen-Verein welcher das Lenzburger Landsturmschiessen wohl im Kalender hat ist der kleine PC Rupperswil, welcher 10 Schützen zum friedlichen Wettkampf stellte. Das sind 38%. Auch in der Rangliste widerspiegelte sich diese Dominanz mit den Rängen 2 (James Kramer) 4 (Guido Fischlin) 7 (Robert Bart) und 9 (Nick Schmid). Gewonnen wurde die Konkurrenz von Patrick Huber, einem Schützen mit nationalem Renommee welcher (ohne Zuschlag) 191 Punkte totalisierte und somit zum verdienten Tagessieger avancierte. Dass er ein Allrounder der besten Güte ist, bewies Patrick Huber als drittbester Schütze mit dem Armeegewehr – so wäre ihm auch (wenn es ihn dann gäbe) der Titel des „Kombinationsmeisters“ sicher gewesen.
Neben den Pistolenschützenmeistern stellt der PC Rupperswil auch den Hauptteil der Administration am Lenzburger Landsturmschiessen. Begrüsst wurde man von Guido Fischlin, Nick Schmid und Hans Schärer. Es war offensichtlich – der PCR ist allgegenwärtig.
LSV am Aussterben: Fast 100 Mitglieder sind 60+
Bezogen auf alle eingeschriebenen Mitglieder bewegt sich der Lenzburger Landsturmverein im Zahlenbereich von ca. 160. Obwohl ab 30 Jahre beigetreten werden könnte, fehlt der „Nachwuchs“ komplett. Das einst genannte Ziel von 200 Mitgliedern ist Wunschdenken in Reinkultur. Neumitglieder lassen sich nur über andere Schützenvereine der Umgebung „rekrutieren“. Hier muss für das Landsturmschiessen (sei es als Teil der internen Vereins-Meisterschaften oder auch nur als wettkampfmässiges Training) mobilisiert werden Die Hürde 30 muss fallen. Ab 16 kann geschossen werden – Punkt. Trotzdem dürfte für Neuschützen, welche vom Druckluftwaffenbereich kommen und auf gröbere Kaliber umsteigen wollen, der LSV mit seinen 2 Anlässen sicher nicht die erste Wahl sein. Gedanken muss man sich auch zum Programm machen. Nicht jeder findet das Angebot besonders attraktiv – und ein paar Schuss mehr könnten auch nichts schaden.
Seit dem 15. August 2019 „grundsätzlich verboten“
Wieweit sich die EU Waffenrichtlinie auf das Lenzburger Landsturmschiessen auswirken wird, ist noch nicht im Detail bekannt. Die Landsturmschützen sind sich bewusst, dass sie hier mit „grundsätzlich verbotenen Waffen“ schiessen. Die heute verwendeten Waffen sind sicher im legalen Besitzstand und „altrechtlich“ erworben. „Jungschützen“ oder „Neubeginner“ müssen für ihre Sturmgewehre eine gebührenpflichte Ausnahmebewilligung beantragen, weil der Staat dem Bürger grundsätzlich misstraut. Nicht jeder will dieses Prozedere über sich ergehen lassen und wendet sich vom Schützensport ab. Der Nachwuchs bleibt in der Folge aus und so wird die flächendeckende Entwaffnung der Schweiz schrittweise bittere Realität.
Abschluss im Hotel Ochsen
Seit 2018 ist der von Chris Schatzmann geführte Ochsen in Lenzburg das „Reduit“ der Lenzburger Landsturmschützen. Hier trifft man sich nach „vollbrachter Tat“ zu einem Bier oder einem Glas Wein. Aufgetischt wird, passend zum Anlass, Bratwurst mit Rösti. Immer reich bedeckt der Gabentempel, vorwiegend mit feinen Fleischwaren oder leckerem Wein. Praktisch jeder kommt zu seinem „Schinkli oder Salami“ und so wird auch das Herbstschiessen des LSV Lenzburg in guter Erinnerung bleiben.
Auszug aus den Ranglisten
Gewehr Einzelwertung Kategorie A
1. Philipp Moser 1979 Waltenschwil Standardgewehr 911
2. Kurt Baumann 1963 Schafisheim Standardgewehr 897
3. Hans Häfeli 1944 Meisterschwanden Standardgewehr 893
Gewehr Einzelwertung Kategorie B
1. Michele Tullo 1964 Meisterschwanden Stgw 57/03 911
2. Martin Hodel 1971 Staufen Stgw 57/03 904
3. Patrick Huber 1980 Otelfingen Stgw 57/03 859
Gewehr Gesamtwertung (alle Waffen)
1. Michele Tullo 1964 Meisterschwanden Stgw 57/03 911
2. Philipp Moser 1979 Waltenschwil Standardgewehr 910
3. Martin Hodel 1071 Staufen Stgw 57/03 904
Pistole 50 Meter
1. James Kramer 1947 Schinznach Dorf OP 94
2. Max Fischer 1957 Hausen RF 94
3. Patrick Huber 1980 Otelfingen OP 94
Pistole 25 Meter
1. Peter Siegfried 1950 Dottikon OP 99
2. Ueli Sandmeier 1946 Luzern RF 99
3. Kurt Sommerhalder 1945 Lenzburg RF 98
Pistole Gesamtwertung
1. Patrick Huber 1980 Otelfingen OP 191
2. James Kramer 1947 Schinznach Dorf OP 191
3. Ueli Sandmeier 1946 Luzern RF 190